Unsere aktuellen Projekte
Wir befördern die Wiederentdeckung des massiven Lehmbaus. Dazu erforschen wir die Bausubstanz nicht nur historisch, baukundlich und archäologisch, sondern interdisziplinär auch ingenieurwissenschaftlich, bauphysikalisch und chemisch. Damit der massive Lehmbau in puncto Baubiologie, Nachhaltigkeit und Wiederverwendbarkeit die Wertschätzung erfahren kann, die er sich über Jahrtausende verdient hat.
Hier informieren wir über laufende und abgeschlossene Projekte.
Laufende Projekte
Entwicklung von Wellerlehm-Wandmodulen unter Betrachtung der technologischen Voraussetzungen für thermische Trocknungsbeschleunigung
05/2023-04/2024
Der Wellerbau ist die charakteristische und häufigste historische Massivlehmbauweise in die WIR!-Region. Im Baubestand sind nicht nur Nutzgebäude wie Scheunen oder Ställe, sondern auch zehntausende von Wohnbauten, teils mehrgeschossig und bis zu 500 Jahre alt, erfasst. Gerade aber der Wellerbau, mit von Hand aufgeschütteten Sätzen aus einem nassen Lehm-Stroh-Gemisch wird aktuell im Neubau nicht ausgeführt. Einige spezialisierte Lehmbaufirmen wenden diese Technik bislang nur für nicht tragende, freistehende Wände (z. B. Umfassungsmauern) und in der Sanierung an. Maßgelblich zwei Gründe sind dafür verantwortlich: Erstens wird der Wandaufbau noch immer per Hand ausgeführt, ist dadurch also kostenintensiv, und zweitens braucht eine 60-100 cm breite (nasse) Wellerwand verhältnismäßig lange Trocknungszeiten.
Kay Frömmigen, Geschäftsführer der auf nachhaltiges Bauen spezialisierten Firma KOBA Bau aus Dessau-Roßlau, hat viel Erfahrung in der Sanierung von Wellerlehmgebäuden. Die Firma bietet „Hilfe zur Selbsthilfe“ an, d. h. sie unterstützen Bauherren, die selbst Hand anlegen wollen mit Know-how, Beratung, Personal oder Putzmaschine. Im Rahmen des von ihm durchgeführten Projektes möchte er für diese traditionelle Massivlehmbauweise innovative Impulse erzeugen, indem experimentell erprobt wird, die Trocknungszeit durch ein innenliegendes Heizrohrgestänge zu verringern.
Gleichzeitig soll das Vorhaben einen Beitrag zum Stoffkreislauf bei der Planung und Ausführung von Massivlehmwänden liefern, indem 1. das Betonfundament auf Wiederverwendung konzipiert wird und 2. experimentell auch abgerissene Lehmwände für den Aufbau der neuen Wand wiederverwendet werden sollen.

Lehmbau und Radioaktivität - Strahlenbelastung und Absolutdatierung
05/2023-04/2026
Das vorliegende Projekt des Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie Mannheim unter Leitung von Prof. Dr. Ernst Pernicka, leistet gleich zwei zentrale Beiträge für die skizzierten Innovationspfade. Lehm enthält - wie jeder mineralische Baustoff - radioaktive Bestandteile, die in die Luft austreten können. Die Intensität der Ausgasung (Exhalation) der starken Alpha-Strahler Thoron und Radon wird durch die Porosität und Permeabilität des Baustoffes möglich gemacht; dabei sind Diffusion und thermische Konvektion die wichtigsten Steuerungsgrößen. Daher müssen die meteorologischen Größen, Luftdruck, Temperatur, Windstärke und -exposition, sowie die Raumtemperatur gemessen werden, wenn die Konzentration der strahlenden Gase in einem Gebäude bewertet werden soll. Die Strahlenbelastung und ihre Steuerungsgrößen müssen daher zunächst durch verschiedene Messaufbauten umfassend erhoben werden, um in der Folge erstens die Gesundheitsgefährdung durch das Leben in massiven Lehmbauten beurteilen zu können und zweitens, falls die Strahlenbelastung über den Richtwerten liegen sollte, auch Empfehlungen für die Verringerung derselben formulieren zu können. Am Ende des Projektes wird eine Anleitung entwickelt, wie die Radon- und Thoronentgasung aus Lehmen minimiert werden kann, um einen Beitrag dazu zu leisten, den Lehmbau in der WIR! Region zu aktivieren.
Gleichzeitig bieten radioaktive Zerfallsprodukte die Möglichkeit einer absoluten Datierung von massiven Lehmbauteilen. Für den Bestandbau innerhalb der WIR!-Region kann damit erstmalig eine Typochronologie verschiedener Bauweisen und -formen im Massivlehmbau erarbeitet werden, die gleichzeitig die Bauforschung des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit auch außerhalb der WIR!-Region revolutionieren wird.

Monitoring trifft Befragung - Monitoring des Innenraumklimas in Objekten verschiedener Lehmbautechniken im Bestand und Neubau unter Einbeziehung der Nutzerperspektive
04/2023-03/2026
Das Projekt wird als Verbundvorhaben vom Institut für Bauphysikalische Qualitätssicherung (IBQS) der FH Erfurt und dem Institut für Psychologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in Partnerschaft mit der Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt GmbH (LENA) durchgeführt. Ziel ist es, einen empirisch gewonnenen, fachübergreifenden Wissensfundus bezüglich Innenraumklimaqualitäten und damit im Zusammenhang stehenden Aspekten von Wohlbefinden sowie Wohnzufriedenheit aus Nutzerperspektive unter Einbeziehung von Energieeffizienz- und Kostengesichtspunkten für unterschiedliche Neu- und Bestandslehmbauten zu schaffen. Dieser Wissensfundus leistet Beiträge für die Anerkennung von Lehmbaustoffen, und -bauteilen anhand erhobener Innenraumklimadaten unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Aspekten der Bewohner/innenerleben, v.a. Wohlbefinden/Wohngesundheit und sozialen Wertschätzung. Aber auch Kostengesichtspunkte und – nach Möglichkeit - ggf. vorhandene Eigenleistungs-/Selbstwirksamkeitspotenziale sollen angesichts der aktuellen Lage im Bausektor in den Blick genommen werden.
Die gewonnenen Innenraumklimaparameter dienen als Grundlage für eine zielgruppenoptimierte und auf die Alleinstellungsmerkmale zielende Öffentlichkeitsarbeit „pro Lehm“ zur
a) Stärkung der Wertschätzung, Akzeptanz und Vermarktungsfähigkeit
b) zur allg. Verbreiterung der Kenntnisse über die Qualitäten von Lehmbauten
c) Verstärkung des Handwerkerinteresses an den traditionellen Baustoffen des Lehmbaus in der Untersuchungsregion Mitteldeutschland
d) Verstärkung des Kreislaufwirtschaftsprinzips, d.h. bessere Ausschöpfung regionaler zirkulären Wertschöpfungspotenziale

MOBILER, ROBOTISCHER STAMPFLEHM: VOM LABOR ZUR BAUSTELLENFERTIGUNG
12/2022-11/2024
Am Institut für Tragwerksentwurf (ITE) der TU Braunschweig wird seit 2017 die robotisch-gestützte Fabrikation von Stampflehmbauteilen erforscht. Auf Basis dieser Vorarbeiten soll im Projektvorhaben die stationäre robotische Stampflehmfabrikation für die Baustellenfertigung weiterentwickelt werden. Hierzu ist das Setup zur robotischen Stampflehmherstellung grundlegend neu zu entwickeln. Neben der kontrollierten robotischen Fertigung unter variierenden Umweltbedingungen im Vergleich zu den gleichmäßigen Laborbedingungen ist vor allem die Mobilität des Stampflehm-Setups von zentraler Bedeutung für die Machbarkeit. Außerdem soll - im Unterschied zu der Verwendung von Fertigmaterial bei der stationären Fertigung – bei der Baustellenfertigung lokales Material verwendet und als automatisierter Misch-, Förder- und Beschickungsprozess entwickelt werden. Im Rahmen des Forschungsvorhabens sollen Realbedingungen im Laboratorium der TU Braunschweig simuliert werden und dementsprechende Gerätschaften entwickelt werden.

VORSTUDIE ZUR IDENTIFIKATION UND EINORDNUNG VON HISTORISCHEN LEHMBAUTEILEN FÜR DIE WIEDERVERWENDUNG HINSICHTLICH ANREICHERUNG VON SCHADSTOFFEN UND BAUSCHÄDLICHEN SALZEN
11/2022-01/2024
Lehmbaustoffe auch aus dem historischen Bestandsbau bieten ein hohes Potenzial für Ihre Wiederverwendbarkeit und damit der Einsparung natürlicher Ressourcen. Allerdings gibt es bisher keine Untersuchungen zur Schadstoffbelastung und zum Zustand hinsichtlich mikrobieller Besiedelung solcher Bestandsbauten. Im Rahmen des Projektes der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) soll über Vorversuche durch Entnahme von Materialproben an repräsentativen Gebäuden untersucht werden, in welcher Art und Menge Schadstoffe, bauschädliche Salze sowie Mikroorganismen (z.B. Pilze) in Lehmbauteilen über den Querschnitt verteilt sind und wie diese zu bewerten sind. Neben der Feststellung der im Material akkumulierten Schadstoffgehalte (je nach Gebäudenutzung z.B. Schwermetalle, organische Stoffe wie PAK) wird ferner der potenzielle Transfer von flüchtigen organischen Substanzen (VOC) in die Innenraumluft untersucht. Letzteres erlaubt die Bewertung hinsichtlich der Eignung im Innenraum. Anhand der Ergebnisse sollen erste Schlussfolgerungen für die Wiederverwendung und Entsorgung getroffen werden können.

Strategieentwicklung
01/2022 - 12/2024
Damit der massive Lehmbau hier in Mitteldeutschland und darüber hinaus (wieder) zukunftsfähig wird, braucht es die Erarbeitung eines Konzepts zur Umsetzung der Strategie. Inhaltlich-strategische Aufgaben dienen der Weiterentwicklung unserer Strategie - hierzu gehören insbesondere das Erkunden, Sondieren, Entwickeln und die Auswahl passfähiger, neuer Projektideen. Dabei setzen wir als Koordinierungsstelle, am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, stark auf die Zusammenarbeit mit den GOLEHM-Bündnismitgliedern sowie auf die breite Partzipation von regionalen Landkreisen sowie Städten und Gemeinden.
