Schadensbilder

Das Instandsetzen und Erhalten alter Bausubstanz ist ein wesentlicher Beitrag zur Pflege unseres mitteldeutschen Lehmbauerbes, insbesondere zur Bewahrung zunehmend gefährdeter Ortsstrukturen im ländlichen Raum.

Daher ist unser Anliegen, Erhaltungs- und Gestaltungsfragen, bautechnische Probleme, das Sanieren in Eigenregie auch für den Nichtfachmann verständlich dazustellen.

Die meisten Massivlehmbauten in Mitteldeutschland sind heute mehr als 100 Jahre alt. Die ältesten derzeit bekannten erhaltenen Bauten datieren in das 17. Jahrhundert. Tragende Wände aus Lehm sind also auch unter den hiesigen Klimabedingungen eine sehr dauerhafte Bauart. Trotzdem weisen viele Bestandbauten spezifische Bauschäden auf. Meist sind die Schäden auf nicht ausreichend an die Nutzungs- und Umweltbedingungen angepasste Konstruktionen und/oder auf mangelnde Pflege oder Erhaltung zurückzuführen. Das häufigste Problem stellt die kapillar aufsteigende Feuchtigkeit dar. Sie wirkt sich auf den Energiebedarf und das Raumklima aus, kann aber auch die Standsicherheit des Gebäudes beinträchtigen. Die Schäden im Lehmbau sind aufgrund der Materialeigenschaften jedoch oft lokal stärker ausgeprägt als bei anderen Baustoffen.

Dabei spielen vor allem der Einfluss des Wassers auf die Bindung und die geringe Festigkeit des Lehms eine wesentliche Rolle. Alle Schäden – außer bestimmten Rissbildungen – sind direkt oder indirekt auf den Einfluss von Feuchtigkeit zurückzuführen. Die unterschiedlichen Schadensbilder liegen oftmals in Kombination vor:

  • Gefügeschädigung und Querschnittsreduzierung infolge aufsteigender Feuchte
  • Putzschäden, Abwitterung und Ausspülungen
  • Risse
  • Besiedlung von Massivlehmbauteilen durch Tiere
  • Feuchteschäden aufgrund von Verdunstungsbehinderung.

 

[Quelle: Röhlen, U. & Ziegert, Ch. (2020): Lehmbau-Praxis – Planung und Ausführung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage, Beuth Verlag GmbH, Berlin – Wien – Zürich, 264–275.]

  

► Gefügeschädigung und Querschnittsreduzierung infolge aufsteigender Feuchte

Schadensbild: Die von aufsteigender Feuchte betroffenen Massivlehmwände sind durch erhöhte Feuchtegehalte und eine von der Wandoberfläche ausgehende Materialentfestigung gekennzeichnet. Aufgrund des hohen Porengehaltes treten Salzausblühungen auf den Oberflächen eher nicht auf. Kratzt man jedoch oberflächennahe, gelockerte Lehmschichten an, kann man hier die auskristallisierten Salze oft mit bloßem Auge erkennen. Ist die Entfestigung durch den Anstieg der Salzkonzentration fortgeschritten, löst sich das Material ab und der Querschnitt wird reduziert.

Ursachen:

  • aufsteigende Feuchtigkeit im Baugrund und den darin enthaltenden bauschädlichen Salzen
  • Verwendung kapillar leitfähiger Mörtel im Fundament und Sockelbereich
  • Fehlen einer (noch) intakten Horizontal- und/oder Vertikalsperre
  • hohe Verdunstungsleistung von Lehmoberflächen (hohe kapillare Leitfähigkeit)
  • geringe Zugfestigkeit des Lehms

Ursachenbeseitigung und Bausanierung:

  • fundiertes Sanierungskonzept auf Grundlage der Bestands- und Schadenserfassung sowie der Schadensanalyse in Abhängigkeit von den vorhandenen Materialien, der Konstruktion und der zukünftigen Nutzung des Bauwerks
  • mögliche Sanierungsmaßnahmen: Materialaustausch, Einbau/Erneuerung der Horizontal- und/oder Vertikalsperre, Rückbau diffusionshemmender Bauteile

[Quelle: Röhlen, U. & Ziegert, Ch. (2020): Lehmbau-Praxis – Planung und Ausführung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage, Beuth Verlag GmbH, Berlin – Wien – Zürich, 264–275.]

► Putzschäden, Abwitterung und Ausspülungen

Schadensbild:

(1) Großflächige Putzablösungen zeigen sich durch entsprechendes Feuchteangebot im Baugrund, wodurch die Verdunstungsleistung der Wandoberfläche reduziert wird.

(2) Tiefe Ausspülungen in den Wandoberflächen durch Regenwasser bzw. herabrinnendes Wasser.

Ursachen:

  • defekte Dacheindeckung
  • Verwendung zu harter Putzmörtel (fehlender Putz besser als unsachgemäßer Putz)

Ursachenbeseitigung und Bausanierung:

  • Dacheindeckung instandsetzen
  • Neuverputz und vorherige Abarbeitung des abgewitterten Untergrundes:
  1. Abarbeiten des destrukturierten Lehmbaustoffs und weiteres Abarbeiten von mind. 2 cm Dicke des ungeschädigten Materials mit dem Maurerhammer
  2. Aufrauen mit dem Maurerhammer
  3. Abkehren aller losen Bestandteile mit einer mittelharten Drahtbürste
  4. Annässen der Oberfläche
  5. Einarbeiten einer Schlämme aus ausreichend bindekräftigem Lehm und scharfem Sand mit einem harten Quast

[Quelle: Röhlen, U. & Ziegert, Ch. (2020): Lehmbau-Praxis – Planung und Ausführung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage, Beuth Verlag GmbH, Berlin – Wien – Zürich, 269–271.]

► Risse

Schadensbild: Setzungsrisse an Massivlehmbauten sind vorwiegend an Scheunen, seltener an Wohnbauten anzutreffen. Diese treten sowohl im freien Wandverlauf als auch im Eck- und Anschlussbereich auf.

Ursachen:

  • beträchtliche Wandlängen (z.B. bei Scheunen) in Kombination mit geringer Gründungstiefe
  • fehlender Ringbalken
  • Verwendung unterschiedlich elastischer Materialien in Richtung des Lastabtrags

Ursachenbeseitigung und Bausanierung:

  • vorab sorgfältige Untersuchung der räumlichen Stabilität durch einen Fachmann mit Konzept zur Wiederherstellung der Statik
  • Rissverschluss
  • nachträglicher Einbau von Zugankern in der Deckenebene oder Deckenscheiben
  • Vernadelungen
  • nachträgliche Einbau von Ringankern bzw. Ringbalken (Stahlbeton-Ortbauteile, Ortbauteile mit Glasfaserstabbewehrung (GFK) in hochhydrauchlischem Kalkmörtel)

[Quelle: Röhlen, U. & Ziegert, Ch. (2020): Lehmbau-Praxis – Planung und Ausführung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage, Beuth Verlag GmbH, Berlin – Wien – Zürich, 271–274.]

► Besiedlung von Massivlehmbauteilen durch Tiere

Schadensbild:
(1) Erhebliche Querschnittsschwächungen oder Schwächung des Gefüges durch Kleintiere.
(2) Ca. 10 cm lange, gangartige und am Ende teilweise kugelförmig ausgeformte Höhlen durch Solitärbienen.

Ursachen:

  • aufsteigende Feuchte
  • unverputzte Bauteile aus strohhaltigen Massivlehmmischungen
    (z.B. Weller, Lehmsteine)

Ursachenbeseitigung und Bausanierung:

  • Einbau einer Horizontalsperre
  • Materialaustausch der betroffenen Bauteile

Achtung: Solitärbienen stehen unter strengem Naturschutz.
Daher bei der Bausanierung auf denkmalpflegerische, statische
und naturschutzrechtliche Belange achten.


[Quelle: Röhlen, U. & Ziegert, Ch. (2020): Lehmbau-Praxis – Planung und Ausführung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage, Beuth Verlag GmbH, Berlin – Wien – Zürich, 274–275.] 

► Feuchteschäden aufgrund von Verdunstungsbehinderung

Schadensbild: Großflächige Putzablösungen der Wandoberfläche und eine Anhebung des Feuchtehorizontes bei aufsteigender Feuchtigkeit.

Ursachen:

  • kapillarbrechende und nicht (ausreichend) diffusionsoffene Baumaterialien
  • fehlende oder fehlerhafte Horizontal- und/oder Vertikalsperre
  • eindringender Schlagregen aufgrund von Putzschäden

Ursachenbeseitigung und Bausanierung:

  • Materialaustausch durch kapillaraktive und diffusionsoffene Baumaterialien

Verzicht auf diffusionshemmende Baumaterialien:
Gipskarton- und OSB-Platten, Dämmplatten auf EPS
- sowie Außenputze auf Zementbasis


[Quelle: Röhlen, U. & Ziegert, Ch. (2020): Lehmbau-Praxis – Planung und Ausführung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage, Beuth Verlag GmbH, Berlin – Wien – Zürich, 265–271.]

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